nationalsozialistisches Intermezzo



nationalsozialistisches Intermezzo

Zeit des Nationalsozialismus: Sterilisierungen und Euthanasieprogramm
Mit Heilen und Pflegen hatte diese Anstalt gerade in der Zeit des Nationalsozialismus wenig zu tun. Hinter den Sandsteinmauern schrieb man ein dunkles Kapitel der Medizingeschichte. Die Anstalt wird zum „Tatort“. Das Phänomen „Geisteskrankheit“ sollte durch „Ausmerzung“ der Kranken beseitigt werden. In der Anstalt wurden Hunderte von Patienten zwangssterilisiert, 908 fielen der „Euthanasie“ zum Opfer im Tahmen des T4-Programms. Weitere 1600 Menschen (die genaue Zahl steht nicht fest) wurden auf sog. „Hungerstationen“ bis 1945 getötet.
Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen wurden, wie anderswo auch, bald eingestellt.

Die Rolle von Professor Meggendorfer
Der Professor für Psychiatrie Friedrich Meggendorfer (1880 - 1953) war schon in den 1920er-Jahren überzeugter Anhänger einer rassenhygienischen Gesundheitspolitik und erbbiologisch orientierter Psychiatrie. Die Erlanger Psychiatrische Universitätsklinik machte ihn 1934 zu ihrem Direktor.

Im Zuge der NS-"Euthanasie" wurden ab Ende 1939 bis Kriegsende ca. 300.000 psychisch kranke und geistig sowie körperlich behinderte Menschen ermordet. Allein aus Bayern wurden ca. 20.000 psychisch kranke Menschen in Tötungsanstalten ermordet oder verhungerten in eigens eingerichteten "Hungerstationen" der Heil- und Pflegeanstalten durch die Einführung einer Hungerkost, der sogenannten "B-Kost". Die Krankenmordaktionen betrafen auch Erlanger Patienten: Nach heutigem Kenntnisstand wurden zwischen 1939 und August 1941 908 Patienten aus der Erlanger Heil-und Pflegeanstalt abtransportiert und in eigens dafür eingerichteten Tötungsanstalten ermordet. Die als "planwirtschaftliche Maßnahmen" deklarierten Abtransporte setzten - bei SS und Wehrmacht hochwillkommene - Raum- und Bettenkapazitäten frei.

Auch Meggendorfer nutzte die Gunst der Stunde.

Da die Klinik seit ihrer Gründung im Jahr 1903 unter Direktor Gustav Specht (1860 - 1940) in unzureichenden Räumen der Heil- und Pflegeanstalt untergebracht war, bat Meggendorfer die Fakultäts- und Universitätsleitung darum, die freigewordenen Räumlichkeiten jetzt seiner Einrichtung  zu überlassen. Sein Plan ging nicht auf: Die Erlanger Heil- und Pflegeanstalt wurde im Rahmen der NS-"Euthanasie" zur "T4-Zwischenanstalt".

Als solche diente sie der Aufnahme potenziell zur Tötung vorgesehener Patienten aus anderen aufgelösten Pflegeanstalten. Die Patienten wurden "auf Anordnung des Staatsministeriums des Inneren" zunächst in die Heil- und Pflegeanstalt Erlangen überführt und zumeist nach einem Aufenthalt von nur wenigen Tagen oder Wochen in die zentralen Tötungsanstalten nach Pirna Sonnenstein, Grafeneck oder Hartheim/Linz weitertransportiert.